Hundealter in Menschenjahren
Quelle: modifiziert nach Prof. J.-L. Pouchelon, Tierärztliche Hochschule Alfort, 1998
Beißkraft
Die Beißkraft wird in PSI gemessen (Pfund pro Quadratzoll).
Mensch: 140 PSI
Löwe: 691 PSI
Nilpferd: 1.820 PSI
Belgischer Malinois: 195 PSI
Chow Chow: 220 PSI
Holländischer Schäferhund: 224 PSI
American Pit Bull: 235 PSI
Deutscher Schäferhund: 238 PSI
American Bulldog: 305 PSI
Rottweiler: 328 PSI
Mastiff: 556 PSI
Dobermann: 600 PSI
Kangal: 743 PSI
Mythos Treppe!
(von Prof. Dr. Martin S. Fischer)
Vor kurzem wurde ich gefragt, wie lange ich meine Kinder eigentlich noch die Treppe rauf und runtertragen werde. Ich antwortete, dass ich dies bis zur Verknöcherung der Wachstumsfugen (also bei Mädchen und Jungen etwas unterschiedlich bis zum 16.-19. Lebensjahr) tun würde, dann sei ja schließlich das Skelett erst ausgereift. Vor allen Dingen das späte Ausreifen des Oberschenkels erlaube hier keine Kompromisse!
Selbstverständlich habe ich auch alle meine Welpen das erste Jahr die Treppe rauf und runtergetragen. Zugegebenermaßen habe ich seit Jahren starke Rückenschmerzen, aber was tut der Mensch nicht alles für seine Lieben. Beim Hund habe ich etwa 1083 Blogs zudem gelesen, dass seine Muskeln erst spät ausreifen, zwar kann ich mir unter „Muskelreifung“ nichts vorstellen, aber sicher diejenigen, die es im Internet geschrieben haben.
Richards und Koautoren haben 2010 einen interessanten Aufsatz veröffentlicht, der einmal mehr zeigt, wie gefährlich es ist, von sich (Mensch) auf andere (hier Hund) zu schließen. Während beim Menschen der Hauptbewegungsumfang beim Treppensteigen im Knie- und Hüftgelenk auftritt, löst der Hund dieses Problem durch eine erhöhte Bewegung (vor allem Dorsalflexion) im Sprunggelenk. Futsch alle Überlegungen zur Schonung des Hüftgelenkes von Hunden beim Treppentragen. Aber Hand aufs Herz, kennen Sie viele Hunde, bei denen durch ihre treppensteigende Jugend später Beschwerden im Sprunggelenk auftreten, oder musste dies nicht erklärt werden?
Eine Bemerkung zum Wachstum: der Zeitpunkt des Wachstumsendes ist selbst bei Wurfgeschwistern sehr unterschiedlich. Schon vor 50 Jahren hat Weise gezeigt, dass nach 166 Tagen das erste Wurfgeschwister ausgewachsen war, aber erst nach 220 Tagen das letzte. Allerdings war der Hund, der die längste Wachstumsphase aufwies, nicht das größte Tier, dieses war bereits mit 177 Tagen ausgewachsen. Die Dauer des Wachstums ist also nicht der entscheidende Faktor für die Größe eines Hundes.
Eine Bemerkung zur Muskelreifung: Bei neugeborenen Welpen sind 90-95% der Muskelfasern noch undifferenziert. Die wenigen, schon differenzierten Fasern sind sehr große rote Fasern, die nach 4-5 Wochen wieder verschwinden. Bis zur 4. Woche ist eine allmähliche Differenzierung der Fasern erkennbar und es treten die üblichen roten und weißen Fasern auf. Bis zur 12. Woche ist dann das Verteilungsmuster des erwachsenen Hundes vorhanden. Die Entwicklungszeit der Muskelfasern ist in den verschiedenen Muskeln nahezu gleich. Es stimmt nicht, dass Welpen viele weiße Fasern und adulte Hunde viele rote Fasern besitzen und dass die Muskelreifung bis zu einem Jahr dauert.
Eine Bemerkung zur Stoßbelastung: Beim Galopp, beim Kurvenrennen, beim Springen und in einer Vielzahl von anderen Belastungssituationen treten Kräfte auf, die ein Mehrfaches des Körpergewichtes betragen können. Prieur (1980) hat bei einer mäßigen Geschwindigkeit von 7 km/h bei einem 30 kg schweren Hund bereits eine Belastung des Hüftgelenkes gemessen, die das Sechsfache des Körpergewichts betrug. Gleichzeitig wird beim Vierfachen des Körpergewichtes nur 55% der Gelenkfläche am Oberschenkelkopf ausgenutzt (Lieser 2003). Der Körper des Hundes und seine Gelenke sind darauf eingerichtet, auch ungewöhnliche Kraftspitzen abzufangen.
Wenn ich hier die Meinungen zum Treppensteigen von jungen Hunden hinterfrage, dann ist selbstverständlich klar, dass es für den Hund nicht anderweitig gefährdende Situationen geben kann. Eine glatte, offene Treppe, auf der ein Hund - auch wenn er schon älter ist - stürzen kann, ist wie jede traumatische Situation zu vermeiden.
„Wenn das Wissen unzureichend ist, bilden sich Meinungen“. Leider gibt es keine einzige Studie, welchen Einfluss des Treppensteigens bzw. Treppentragens auf die spätere Entwicklung des Bewegungsapparates des Hundes untersucht hat. Wir können also den vielen Meinungen kein gesichertes Wissen entgegenhalten. Aber umgekehrt beruhen auch die Meinungen nicht auf irgendeinem haltbaren Befund. Es kann also jeder selbst entscheiden, wie er es mit dem Treppentragen seines Hundes hält, aber andere belehren darf er nicht - und es gibt auch die „fürsorgliche Belagerung“ (Heinrich Böll). Mit anderen Worten, Fürsorge ist in Ordnung, man kann sie aber auch trefflich übertreiben!
Referenzen:
- M.S. FISCHER & LILJE, K. (2011): Hunde in Bewegung. Verlag VDH und Kosmos.
- LIESER B. (2003): Morphologische und biomechanische Eigenschaften des Hüftgelenks (Articulatio coxae) des Hundes (Canis familiaris). Diss.med.vet. Veterinärmedizinische Fakultät, Ludwig-Maximilians-Universität München.
- PRIEUR W. D. (1980): Coxarthrosis in the dog part 1: Normal and abnormal biomechanics of the hip joint. Vet. Surg. 9, 145-149.
- J. RICHARDS, P. HOLLER, B. BOCKSTAHLER, B. DAKE, M. MUELLER, J. BURSTON, J. SELFE and D. LEVINE (2010): A comparison of human and canine kinematics during level walking, stair ascent, and stair descent. Wien. Tierärztl. Mschr. - Vet. Med. Austria 97 (2010), 92-100.